Medikamentensucht wird auch als die heimliche Sucht bezeichnet, da sie oft erst sehr spät auffällt. Frauen sind doppelt so häufig betroffen wie Männer. Denn während eine männliche Person eher zu Alkohol greift, um beispielsweise Stress abzubauen, greifen Frauen vermehrt zu Substanzen, unter denen sie weiter möglichst optimal „funktionieren“. Auch werden ihnen eher Psychopharmaka verschrieben als Männern.
Etwa vier bis fünf Prozent aller Medikamente besitzen ein eigenes Missbrauchs- und Abhängigkeitspotential. Der Übergang vom bestimmungsmäßigem Gebrauch zum Missbrauch ist fließend. Eine Abhängigkeit entsteht deshalb meist schleichend, leiste, unauffällig und beginnt mit einem vom Arzt verschriebenen Rezept.
Ein besonders Abhängigkeitspotential haben Schlaf- und Beruhigungsmittel, Schmerzmittel und Weck- und Aufputschmittel, dabei vorwiegend Amphetaminabkömmlinge wie Methylpenidat, welches vor allem Kinder verschrieben wird.
Aber auch Nasentropfen, Abführmittel, Wachstums- und Sexualhormone (als Dopingmittel) und alkoholhaltige Arnzeimittel können zur Suchterkrankung führen.
Ein zusätzliches Risiko neben der eigentlichen Abhängigkeit bilden die durch die missbräuchlich verwendeten Medikamente erhöhten Nebenwirkungen. Je nach Medikament können dies Beispielweise sein: Müdigkeit, Schwindel, Kopfschmerzen, Sturzgefahr, Muskelschwäche, Sedierung, Übelkeit, Appetitlosigkeit, Blutdruckanstieg, Herzrhytmusstörungen und Suizidgedanken.
Je älter eine Person ist, desho höher ist die Gefahr einer Medikamentensucht. Dabei spielen körperliche Ursachen wie ein veränderter Stoffwechsel oder Krankheit eine Rolle, aber auch psychische Faktoren wie der Tod nahestehender Personen und Einsamkeit durch den Wegfall sozialer Netzwerke durch Berentung.
Laut Deutscher Hauptstelle für Suchtfragen nehmen 20% der pubertierenden Mädchen fast täglich Medikamente ein. Allgemein geht der Trend zu einem vermehrtem Anstieg des relevanten Medikamentengebrauchs seit dem Jahr 2000, allen voran die Einnahme von Schmerzmitteln. Außerdem werden Medikamente noch immer häufig verschrieben, ohne die eigentlich dahinterliegende Ursache zu ergründen und zu behandeln.
Zu den entscheidenden Faktoren, damit sich eine Sucht ausbilden kann, zählen vor allem Lernerfahrungen aus der Kindheit und der Lern- und Konkurrenzdruck in der Gesellschaft und die daraus resultierende Unterdrückung von Schmerz und Krankheit, um dem psychischen Druck einer leistungsorientierten Gesellschaft auszuhalten. Auch persönliche Faktoren wie Impulsivität und Neugier spielen eine, wenn auch untergeordnete, Rolle. Dazu gehört auch die Experimentierfreude in Jugendjahren.
Ein Medikamentenentzug kann zu teils starken psychischen und körperlichen Entzugserscheinungen führen und sollte unbedingt ärztlich und therapeutisch überwacht werden. Auch hier gilt es, wie bei jeder Suchterkrankung, langfristig einem Rückfall vorzubeugen, indem die zugrunde liegenden Ursachen behandelt und alternativen zum Suchtverhalten gefunden werden.
Die drei Säulen gesunde Ernährung, Bewegung und positive, unterstützende soziale Kontakte bilden auch hier die Grundlage für einen erfolgreichen Verlauf.
Quelle: Drogenbeauftragte der Bundesregierung
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